Farbentheorie in der digitalen Welt
Webdesigner benutzen täglich Farben für Ihre Arbeit. Dabei ist den meisten der Unterschied zur Realität gar nicht bewusst, da Farben in der digitalen Umgebung von ihrem natürlichen Verhalten abweichen.
Die fundamentalen Farben sind Rot, Gelb und Blau — auch Primärfarben genannt, da diese nicht künstlich oder durch mixen erzeugt werden können. Durch diverses kombinieren dieser drei grundlegenden Farben lassen sich anschließend allerhand Farben durch vermischen realisieren. So entspricht die Mischung aus Rot und Gelb der Farbe Orange und wenn man Gelb und Blau vermischt, ergibt sich als Ergebnis Grün.
Realität trifft auf Elektronik
Häufig findet man zum Beispiel bei Monitoren oder allgemein innerhalb der digitalen Welt die Angabe RGB, allerdings verbergen sich dahinter nicht die Primärfarben — Rot, Gelb und Blau! Anstatt Gelb wird die Farbe Grün herangezogen und somit ergibt sich für die Abkürzung RGB — Rot, Grün und Blau.
Der Hintergrund dafür ist, das RGB den Standard für Computermonitore, beziehungsweise die darin verbauten LEDs widerspiegelt. Lichtemittierende Dioden strahlen die jeweilige Farbe ohne jegliche Reflektion.
Aus der realen Welt oder der Physik ist bekannt, das Objekte Farben reflektieren können und gleichzeitig welche verschlucken, somit können Gegenstände je nach Lichteinfall, Winkel, Intensität oder Umgebung unterschiedliche Farben annehmen. Bei den elektronischen Leuchtdioden ist dies hingegen nicht der Fall — entweder ist eine LED an oder aus. Zudem bietet eine Diode technisch bedingt nur die Farben Rot, Grün und Gelb.
Nach dem Wassermalkasten-Prinzip allerdings wissen wir das Gelb und Blau die Farbe Grün ergibt — wie bereits eingangs beschrieben. Im digitalen Anwendungsfall erzielt dieses Vorgehen allerdings nicht das selbe Resultat.
Technisch betrachtet ergibt eine Kombination aus Rot und Grün die Farbe Gelb. Und alle Farben zusammen, ergeben dann Weiß.
Das macht absolut keinen Sinn!
Mischt man hingegen alle Farben aus dem Wassermalkasten, erhält man die Farbe schwarz. Erst wenn bei RGB-Darstellung alle Farben weggelassen werden ergibt dies schwarz — somit das exakte Gegenteil zur Realität.
RGB (Rot, Grün, Blau) entspricht somit nicht den Primärfarben, denn diese sind und bleiben nach wie vor Rot, Gelb und Blau. Allerdings werden hier auch zwei Welten miteinander verglichen. Selbst wenn die Primärfarben dem Standard des RGB-Farbmodell widerspiegeln, so wären diese mathematisch nicht identisch.
Rot-RGB(255, 0, 0) + Grün-RGB(0, 255, 0) = Gelb-RGB(255, 255, 0)
(Bei der digitalen RGB-Darstellung gibt es für jede Farbe 256 oder 2⁸ mögliche Werte — von 0 bis 255.)
Bei den ersten Smartphones war z.B. immer stolz die Angabe 16777216 Farbdisplay (16 Mio.) zu finden. der Grund dafür ist — wie oben bereits kurz erwähnt — die jeweilige Kapazität von 256 möglichen Stufen pro Farbe. Bei drei elementaren Farben ergibt das somit 16,7 Mio. Farben.
256 (Rot-Stufen) * 256 (Grün-Stufen) * 256 (Blau-Stufen) = 16777216
Somit lässt sich festhalten, dass beide Modelle (Realität und Technik) dieselben elementaren Grundlagen besitzen können, sich allerdings in der Kombination, bzw. der Evolution unterschiedlich entwickeln.
Ein Beispiel dafür, wäre die Bestimmung der Komplementär-Farbe. Das Komplement zu einer Farbe, ist die Farbe auf der gegenüberliegenden Seite anhand eines Farbkreises.
In der Realität wäre das Rot und Grün. Im Informatikbereich hingegen wäre es Rot und Cyan, da bei der technischen Anzeige die dahinterliegenden Werte invertiert werden. Das bedeutet, dass die Differenz absolut zu 100 Prozent genommen wird.
Neben RGB (Rot, Grün, Blau) gibt es im Softwarebereich auch noch CMYK (Cyan, Magenta, Gelb & Schwarz), LAB oder HSV als Farbraum.
Bei Fragen bezüglich der Farbtreue wird das HSV-Paradigma gegenüber den Alternativen RGB und CMYK bevorzugt, weil es der menschlichen (künstlerischen) Farbwahrnehmung am meisten ähnelt.
Soll hingegen eine Grafik oder ähnliches gedruckt werden, empfiehlt sich eher das CMYK-Farbschema. Bei einer reinen Anzeige, zum Beispiel auf einer Website, ist das RGB-Farbmodell zu präferieren.
Diese unterschiedlichen Farbmodelle bilden auch die Grundlage für diverse Online-Tools zur Berechnung von u.a. Komplementärfarben. Zum Beispiel setzt das Farbrad von Canva auf das klassische — von der Realität abweichende — RGB-Modell, während das Farbrad on Adobe eine eigens angepasste RGB-Variante verwendet, welche der Realität näher kommt. Diese Unterschiede sollten bei jeglicher Designarbeit unbedingt bedacht und gegebenenfalls auch dem Kunden kommuniziert werden!